Etwa 50 Besucher*innen fanden sich am 8. September 2017 in der Evangelischen Akademie in Wittenberg ein, um sich mit dem Thema antimuslimischer Rassismus auseinander zu setzen. Der eigentliche Anlass der Veranstaltung war die erstmalige Aufführung des Kurzfilms „Bayram wie Weihnachten“, der im vergangenen Jahr im Rahmen des Projekts produziert wurde.
Den Auftakt der Veranstaltung machte Herr Heppener, Programmleiter des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, indem er Muslim- und Islamfeindlichkeit als einen der Förderbereiche des Bundesprogramms inhaltlich einordnete und auf die empirische Relevanz des Elements gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hinwies. Eine jüngere Studie des Spiegels habe erst in diesem Jahr gezeigt, dass Menschen mit türkischem oder arabischem Nachnamen massive Diskriminierung bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche erführen. Insofern sei es bedeutsam, dass im Rahmen des Bundesprogramms 14 Modellprojekte im betreffenden Förderschwerpunkt gebe.
Daran anschließend wurde der Kurzfilm „Bayram wie Weihnachten“ präsentiert. Anhand unterschiedlicher Episoden macht er deutlich, wie Alltagsrassismus im Einzelfall wirken kann: Er sorgt zum einen für eine symbolische Grenzziehung, die die Mehrheitsgesellschaft vom vermeintlich „anderen“ trennt, zum anderen kann er auf Grundlage seiner Zuschreibungen zu völlig unterschiedlichen Wahrnehmungen der selben Realität beitragen. Gerade dieser Aspekt wird im Rahmen des Films humoristisch aufgegriffen.
Regisseurin Rima Ghamrawi erklärte im Anschluss, dass die Produktion des Films sie gerade deshalb gereizt habe, weil das Thema des Alltagsrassismus sie auch persönlich betreffe. Zusammen mit Freund*innen habe sie nach brauchbaren Szenen für den Film gesucht und festgestellt, dass ihre gesammelten Lebenserfahrungen bereits mehr Anekdoten für den Film lieferten, als aufgenommen werden konnten.
Nach Rima Ghamrawi stellte auch Farah Bouamar, Gründungsmitglied des muslimischen Satire-Magazins „Die Datteltäter“ zwei Clips vor. Die „Datteltäter“ reagieren mit humorvollen YouTube-Clips auf Rassismus-Erfahrungen, Hate-Speech im Internet und anti-islamische Klischees. Erst kürzlich erhielten sie den Grimme-Online-Award 2017 für das Konzept und die Umsetzung ihres Formats. Der YouTube-Kanal hat inzwischen etwa 55.000 Abonnenten.
Den eigentlichen Höhepunkt des Abends bildete dann die Podiumsdiskussion zum Thema „Strategien gegen antimuslimischen Rassismus“, die von Hanns-Frederik Lohse von der Evangelischen Jugend in Oldenburg moderiert wurde. Neben den Referent*innen Thomas Heppener und Farah Bouamar nahmen daran auch Dr. Detlef Görrig, EKD-Dialogbeauftragter und Beirats-Mitglied von „Junge Muslime als Partner“, Nina Prasch, Leiterin der „Jungen Islam Konferenz“ sowie Sümeyra Kilic, Vorsitzende des DiTiB-Landesjugendverbands Niedersachsen und Bremen und Projektpartnerin von „Junge Muslime als Partner“ am Podium teil.
Die gebündelte Kompetenz der Podiumsteilnehmer*innen sorgte für spannende Redebeiträge, die sich mit ihren unterschiedlichen Perspektiven aus von antimuslimischem Rassismus Betroffenen sowie nicht-Betroffenen gut ergänzte. Tenor der Diskutierenden war, dass unterschiedliche Ansätze zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus sinnvoll seien. Die satirisch-humoristischen Videos seien ein wichtiger Versuch, die Ohnmacht angesichts von zunehmendem Rassismus, Hatespeech und Diskriminierung zu überwinden und betroffene Jugendliche zu empowern. Ein anderer wichtiger Ansatz beruhe auf der Kontakthypothese und baue darauf, dass Menschen ihre Vorurteile sukzessive abbauten, wenn sie tatsächlich mit dem vermeintlich „anderen“ in Kontakt kämen. Gerade die Dialogarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland, die „Junge Islam Konferenz“ oder auch das Projekt „Junge Muslime als Partner“ setzen in ihrer Arbeit auf den Erfolg des gegenseitigen Kennenlernens unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und Konfessionen.
Der Abend endete bei einem Empfang mit Fingerfood, bei dem die Podiumsteilnehmer*innen und Gäste miteinander ins Gespräch kommen konnten. Der Kurzfilm „Bayram wie Weihnachten“ wird in Kürze auf der Projektwebsite sowie dem YouTube-Kanal der aej verfügbar sein.